Familienunternehmen – eine Säule der deutschen Wirtschaft
In unserem Beitrag erfährst du, wie ein Familienunternehmen definiert wird. Ferner gehen wir kurz auf die Geschichte ein, welche Rechtsform ein Familienunternehmen haben kann und was dessen wesentliche Eigenschaften sind. Darüber hinaus erläutern wir die volkswirtschaftliche Bedeutung von Familienunternehmen, welchen Beitrag diese für Staat und Gesellschaft leisten sowie, was eigentlich der Vorteil von Familienbetrieben ist und wie sich diese seit Corona entwickelt haben.
Familienunternehmen: Definition
Die zwar nicht ganz einheitliche, aber am häufigsten genutzte Definition von Familienunternehmen sieht so aus, dass es sich dabei um eine Firma handelt, die in hohem Maße entweder von einer Familie oder zumindest von einem sehr eingeschränkten Eigentümerkreis mit familiärem Bezug gelenkt und geleitet wird.
Entgegen einer weitverbreiteten Meinung hat die Größe der Firma allerdings keinen Einfluss darauf, ob es sich per Definition um ein Familienunternehmen handelt oder nicht.
Trotzdem wird mit einem Familienunternehmen in aller Regel eine Firma aus dem Bereich KMU und somit vorwiegend des Mittelstandes in Verbindung gebracht. Tatsächlich nehmen kleinere und mittelgroße Unternehmen in Deutschland einen großen Anteil an den Familienunternehmen ein.
Die wesentliche Charakteristik von Familienunternehmen sind allerdings vor allem die entsprechenden Eigentums- und Leitungsstrukturen. Da es in der Praxis auf dieser Grundlage nicht immer einfach ist, eine Firma im Detail einem Familienunternehmen zuzuordnen, gibt es in erster Linie die folgenden Voraussetzungen, die eine Firma erfüllen muss, um als ein Familienunternehmen zu gelten:
Kriterien Familienunternehmen
- Mehrheitliche Entscheidungsgewalt ist im Besitz einer oder mehrerer natürlicher Personen, welche die Firma vorab gegründet haben
- Mehrheitliche Entscheidungsrechte besitzen die Nachkommen des Gründers oder Partner sowie direkte Erben
- Bei an der Börse notierten Familienunternehmen gilt die gleiche Definition, nämlich dass entweder der Gründer mehrheitlicher Anteilsinhaber ist oder entsprechende Nachfahren sowie deren Familie
- Mindestens ein Familienvertreter bzw. Angehöriger ist an der Leitung der Firma beteiligt
Die Geschichte der Familienunternehmen
Der aus Japan stammende Tempelbauer Kongō Gumi ist laut Historie das global erste Familienunternehmen überhaupt, dessen Gründung auf das Jahr 578 zurückgeht. Auch das zweitälteste Familienunternehmen stammt aus Japan, während das in Europa als ältestes Familienunternehmen geltende Weingut Château de Goulaine aus Frankreich auf das Jahr 1200 zurückzuführen ist.
Hierzulande ist es ein landwirtschaftlicher Betrieb in Ratingen, der zu den ältesten Familienunternehmen gehört und sich im Besitz der Familie Poßberg befindet. Erstmals urkundlich erwähnt wurde der Betrieb im Jahre 950. Zu den bekanntesten und gleichzeitig ältesten Familienunternehmen zählt die Familie Thurn und Taxis, die insbesondere über sechs Jahrhunderte lang das Postwesen betrieb.
Welche Rechtsformen haben Familienunternehmen?
Wie wir eingangs bereits erwähnt haben, werden Familienunternehmen nicht an einer bestimmten Größe festgemacht. Das wiederum führt dazu, dass sich grundsätzlich Familienbetriebe in nahezu allen Wirtschaftsbereichen und auch im Hinblick auf die Anzahl der Beschäftigten wieder finden. Gleiches gilt für die Wirtschaftszweige, denn in nahezu jeder Branche sind mehrere Familienunternehmen beheimatet.
Ausnahmen gibt es in erster Linie in sehr jungen und neuen Branchen, wie zum Beispiel in den Bereichen IT und Digitalisierung. Dort regiert häufig vor allem das schnelle Kapital, was nicht unbedingt zur Philosophie klassischer Familienbetriebe zählt.
Die weite Verbreitung zeigt auch, dass Familienunternehmen keine vorgeschriebene Rechtsform besitzen müssen, sondern unter anderem die folgenden Gesellschaftsformen wählen können:
- Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH)
- Aktiengesellschaft (AG)
- Offene Handelsgesellschaft (OHG)
- Kommanditgesellschaft (KG)
Eigenschaften von Familienunternehmen: Was zeichnet Familienbetriebe aus?
Eine wesentliche Eigenschaft von Familienunternehmen besteht auch heute noch darin, dass von außen erkennbar ist, dass der Gründer oder seine Nachfolger, beispielsweise Familie und Erben, mit der Unternehmensleitung zu tun haben.
Die Geschicke des Unternehmens werden also maßgeblich von diesen Personen geleitet, die naturgemäß eine enge – auch private – Bindung zum Familienunternehmen haben. Typisch ist ebenfalls, dass sich der entsprechende Einfluss oft über Generationen hinweg weiterleitet.
Eine weitere Eigenschaft zahlreicher Familienbetriebe besteht darin, dass die sogenannte Unternehmensphilosophie fest verankert und auch Generationen später weitergeführt wird. Die ursprüngliche Philosophie der Eigentümer – und Gründerfamilie – setzt sich demnach in den meisten Familienunternehmen über viele Jahre und Jahrzehnte hinweg weiter fort.
Statistiken belegen, dass über 60 Prozent der größten Familienunternehmen hierzulande nach wie vor durch einen Vertreter der Inhaber in der Position eines Geschäftsführers oder CEO geleitet werden.
Zu den Charakteristika der Familienunternehmen gehört ebenfalls, dass diese auf den jeweiligen Märkten in der Regel die Mehrheit im Vergleich zu anderen Unternehmen aufweisen.
Typisch für Familienunternehmen ist darüber hinaus, dass diese meistens etwas engere Geschäftsfelder als große Unternehmen haben, bei denen zum Beispiel die Geschäftsbereiche breiter gestreut sind, haben. So finden sich manche Familienunternehmen auch in Segmenten und Nischen wieder, die allerdings teilweise über viele Jahrzehnte hinweg erfolgreich bedient werden.
Zu den Hauptmerkmalen der Familienbetriebe gehört es allerdings ebenso, dass es immer häufiger zu Problemen mit der Unternehmensnachfolge kommt. In der heutigen Zeit möchten zum Beispiel die Kinder nicht mehr zwangsläufig das Familienunternehmen weiterführen, sodass es teilweise schwierig für Inhaber geworden ist, eine passende Nachfolgeregelung zu schaffen.
Die volkswirtschaftliche Bedeutung der Familienunternehmen
Wie im bisherigen Beitrag bereits kurz angedeutet, haben Familienunternehmen global betrachtet eine enorme, volkswirtschaftliche Bedeutung. Das gilt insbesondere für nahezu alle europäischen Länder, in denen die mittelständischen Strukturen seit Jahrhunderten gewachsen sind und einen wichtigen Anteil an der Wirtschaftsleistung haben.
Eine sehr positive Eigenschaft der Familienunternehmen besteht darin, dass – im Gegensatz zu Großunternehmen an der Börse – oftmals bei der schwachen Konjunktur nicht direkt Mitarbeiter entlassen werden, sondern diese auch in schlechteren Zeiten weiter beschäftigt werden (wenn möglich). Dies wirkt sich naturgemäß sehr positiv auf die Volkswirtschaft aus, indem die Arbeitslosenquote nicht signifikant steigt. Daher werden Familienbetriebe oft als wichtige Säule gerade in Krisenzeiten angesehen.
In Deutschland stellen Familienbetriebe mit einem Anteil von rund 90 Prozent an sämtlichen Unternehmen hierzulande sogar den absolut prägenden Typ dar. Knapp 60 Prozent aller Arbeitsplätze in Deutschland befinden sich in einem Familienunternehmen.
Schaut man sich einmal die 1.000 größten Familienbetriebe des Landes an, so erwirtschafteten diese in der Vergangenheit beispielsweise im Jahre 2017 einen Umsatz von insgesamt mehr als 1,7 Billionen Euro.
In dem Zusammenhang wurden über sieben Millionen Menschen dort beschäftigt. Mit über 250 Firmen befinden sich übrigens die meisten Familienunternehmen im Bundesland Nordrhein-Westfalen, gefolgt von Baden-Württemberg und Bayern. Familienunternehmen haben aber nicht nur in Deutschland eine große Bedeutung, sondern ebenfalls im gesamten, europäischen Raum, so auch in Österreich und in der Schweiz.
In Österreich zum Beispiel befinden sich schätzungsweise 80 Prozent sämtlicher Firmen in Familienbesitz, in der Schweiz sind es sogar ca. 88 Prozent. Schaut man sich den gesamten Kontinent an, genauer gesagt die Europäische Union, so sind etwa 75 Prozent sämtlicher Firmen gleichzeitig Familienunternehmen.
Ganz ähnlich ist das Verhältnis in den Vereinigten Staaten, denn dort haben Familienunternehmen einen Anteil von fast 90 Prozent und erwirtschaften knapp 60 Prozent des Bruttoinlandsproduktes.
Welchen Beitrag leisten Familienunternehmen für die Gesellschaft?
Familienunternehmen leisten nicht nur für die Volkswirtschaft einen enormen Beitrag, sondern gleiches gilt für die Gesellschaft und auch den Staat. Der große Beitrag der Familienbetriebe begründet sich unter anderem aufgrund der folgenden Strukturen und Entwicklungen:
- Verbinden von Tradition und Innovation
- Oftmals regionale Präsenz
- Internationalisierung und weltweite Aktivitäten
- Herzstück der deutschen Wirtschaft
- Über 50 Prozent aller Arbeitsplätze befinden sich in Familienunternehmen
In dem Zusammenhang sorgen gerade Familienunternehmen dafür, dass eher strukturschwache Regionen nicht völlig abgekanzelt werden, indem sich zum Beispiel Großunternehmen nicht mit einem Standort niederlassen.
Trotz der langen Tradition gelten Familienbetriebe als äußerst innovativ, was ebenfalls der gesamten Gesellschaft zugutekommt. Das gilt ebenfalls für die breiten Strukturen, denn Familienbetriebe finden sich sowohl im Bereich des Mittelstandes bis hin zu milliardenschweren Unternehmen mit entsprechender Internationalisierung.
Vor allem über Jahrzehnte gewachsene Familienbetriebe können dadurch durchaus mit vielen Konzernen mithalten bzw. werden zumindest nicht vom Markt verdrängt. Dabei spielt sicherlich auch die hohe Kundenorientiertheit eine entscheidende Rolle.
Welche Vorteile beinhalten Familienunternehmen?
Familienunternehmen haben nicht nur für die gesamte Wirtschaft, Gesellschaft und den Staat mehrere Vorteile, manchmal auch im direkten Vergleich mit einem an der Börse notierten Großunternehmen, die nicht mehr inhabergeführt sind.
Darüber hinaus profitieren unter anderem auch die Mitarbeiter von sogenannten internen Vorteilen, durch die sich Familienbetriebe ebenfalls häufig auszeichnen können. Zu nennen sind unter anderem die folgenden Vorzüge, die typisch für zahlreiche Familienbetriebe sind:
Vorteile Familienunternehmen
- Langfristige Planung üblich
- Oft hohes Ansehen und Reputation
- Entscheidungen können sehr schnell umgesetzt werden (kurze Hierarchien)
- Familiäres und damit oft positives Betriebsklima
- Innovationsfähigkeit
- Resistenter gegen Nachfrageschwankungen
- Resistenter bei echten Wirtschaftskrisen
- Oft höhere Eigenkapital-Quote als bei nicht familiengeführten Firmen
In den Wirtschaftskrisen der Vergangenheit hat sich zudem oft gezeigt, dass Familienunternehmen besonders gut durch Krisen gekommen sind. Ein aktuelles Beispiel ist in dem Zusammenhang sicherlich die Corona-Pandemie mit den entsprechenden Lockdowns, von denen unzählige familiengeführte und nicht familiengeführte Unternehmen betroffen waren.
Familienunternehmen in der Corona-Pandemie
Trotzdem sich viele Familienunternehmen innerhalb der ersten zwei Jahre der Corona-Pandemie relativ stabil gezeigt haben, haben insbesondere die Lockdowns dennoch dazu beigetragen, dass es auch in diesem Bereich zur Bildung einer Art Zweiklassengesellschaft gekommen ist.
Zwar haben die Familienbetriebe in der Pandemie auf der einen Seite eine definitiv stabilisierende Rolle eingenommen. Das gilt insbesondere im Hinblick auf die oft nicht durchgeführten Entlassungen, die viele Tausend Arbeitsplätze gesichert haben.
Auf der anderen Seite sind zahlreiche Familienbetriebe in bestimmten Branchen schwer von der Corona-Krise getroffen worden, insbesondere während der Lockdowns. Dies zeigte sich vor allen Dingen bei Familienunternehmen aus den folgenden Branchen:
- Hotel- und Gaststättengewerbe
- Reiseveranstalter und Reisebüros
- Event-Veranstalter
- Familienunternehmen im künstlerischen oder schauspielerischen Bereich
- Stark von Zulieferern und Lieferketten abhängige Familienunternehmen
Das wiederum ist sicherlich auch auf die enge Verbundenheit der Gründer bzw. Familien in Führungspositionen zurückzuführen, da meistens eine private Verbindung mit dem Unternehmen und den Mitarbeitern existiert.
Mehrgenerationen-Familienunternehmen keine Seltenheit
In Deutschland gibt es eine Reihe sogenannter Mehrgenerationen-Familienunternehmen, die keine Seltenheit sind. Insbesondere bei größeren Unternehmen kommt es häufig vor, dass sich in der Geschäftsführung zum Beispiel neben dem Gründer noch weitere Generationen der Familie befinden, unter anderem Kinder und Enkelkinder. Dies kann zwar einerseits ein Vorteil sein, allerdings auch zu Problemen führen.
Nicht selten kommt es nämlich unter den Generationen zu Spannungen, wobei sicherlich auch ein späteres Erbe kein seltener Grund ist. Daher ist es bei Mehrgenerationen-Familienunternehmen umso wichtiger, zum einen die Anteile an dem Unternehmen klar zu regeln und zum anderen auch die Position des einzelnen Familienmitgliedes möglichst klar und auf Dauer festzuhalten. Hier hat es sich meistens als hilfreich erwiesen, alle wichtigen Punkte schriftlich zu fixieren.
Familienunternehmen und die Unternehmensnachfolge
Ein großes Thema bei faktisch allen Familienunternehmen, die aktuell entweder noch durch den Gründer oder ein Familienmitglied aus der nächsten Generation geleitet werden, ist die sogenannte Unternehmensnachfolge. Oft muss diese schon viele Jahre im Voraus geplant werden.
Gleichzeitig handelt es sich bei der dann akut werdenden Nachfolge des bisherigen Unternehmenschefs um ein prägendes Ereignis in jedem Familienbetrieb. Immerhin ist es die Hauptaufgabe Unternehmensnachfolge, dass die Schlüsselposition im Betrieb zukünftig neu besetzt wird.
Dabei steht vor allem die Langfristigkeit im Vordergrund, denn im Rahmen der Unternehmensnachfolge soll es sich bei der entsprechenden Person möglichst nicht nur um einen Unternehmenschef handeln, der vielleicht nur wenige Jahre diese Leitung übernehmen möchte.
Schaut man sich sämtliche Familienunternehmen des Landes an, so wurde in der Vergangenheit dort in der überwiegenden Mehrheit schon mindestens eine Unternehmensnachfolge vorgenommen. Meistens bleibt die Firma tatsächlich im Familienbesitz, weil vor allem die folgenden Angehörigen die Nachfolge des bisherigen Unternehmenschefs übernehmen:
- Ehe- oder Lebenspartner
- Kinder
- Enkelkinder
- Geschwister
Die heutige Generation ist besonders auf ihre eigenen Bedürfnisse ausgerichtet und möchte deshalb nicht immer den elterlichen oder vielleicht bereits großelterlichen Betrieb fortführen.
Sind dann keine weiteren Verwandten und Familienmitglieder vorhanden, die das Unternehmen weiterführen könnten, müssen zum Teil seit vielen Jahrzehnten existierende Familienbetriebe manchmal auch verkauft werden.
Welche Nachteile können Familienunternehmen haben?
Grundsätzlich haben auch Familienunternehmen nicht nur Vorteile, insbesondere nicht für die Firma und im zweiten Schritt für die Mitarbeiter selbst. Mögliche Nachteile und besondere Risiken, die es für Familienbetriebe geben kann, sind:
Familienunternehmen Nachteile
- Häufiger in einem Nischenmarkt beheimatet
- Nicht immer ausreichende Kapitalreserven für schlechtere Zeiten
- Probleme bei der Nachfolge
- Schlechtes Image fällt überproportional negativ auf
- Nicht alle notwendigen Kernkompetenzen können von den (kleineren) Familienunternehmen abgedeckt werden
Fazit zu Familienunternehmen
Vielleicht bringst auch du die Bezeichnung Familienunternehmens oft mit kleineren Betrieben in Verbindung, die zum Beispiel kaum mehr als zehn Mitarbeiter haben. Dieser Eindruck täuscht allerdings, denn unter den führenden Familienbetrieben in Deutschland befinden sich zahlreiche größere Firmen, die zum Teil Umsätze im Bereich von mehreren Hundert Millionen Euro im Jahr machen.
In Deutschland stellen Familienbetriebe mit einem Anteil von rund 90 Prozent an sämtliche Unternehmen den weitaus größten Teil dar und sind dementsprechend in allen Branchen zu finden.
Sie haben eine enorme Bedeutung für die Gesellschaft, die Wirtschaft und auch den Staat, sodass die Wirtschaftsstruktur und auch die Gesellschaft sicherlich hierzulande ohne Familienunternehmen anders aussehen würden.
Photo by Rajiv Perera on Unsplash
- Familienunternehmen: Definition
- Welche Rechtsformen haben Familienunternehmen?
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