038 – 9 Gründe für eine Selbständigkeit
Die häufigsten Motive zu gründen - warum haben Unternehmer den Schritt gewagt?
(Audio 40:49 Min)
Freiheit
Häufiges Unternehmer-Motiv ist der Drang nach Freiheit. Freie Zeiteinteilung und selbst bestimmen, was zu tun ist. Ohne dass jemand diktiert, welche Aufgaben als nächstes anstehen.
Allerdings ist man als Unternehmer auch nie mit seiner Arbeit fertig. Es gibt immer noch etwas, was man tun könnte.
In Summe ist Freiheit in Kombination mit dem nachfolgenden Schlagwort der Selbstbestimmung der wahrscheinlich am häufigsten zitierte Wert von Unternehmern und denen, die es werden wollen.
Selbstbestimmung
Wir diskutieren die Frage, wie frei der Unternehmer eigentlich ist, wenn er sich nach den Bedürfnissen seiner Kunden richten „muss“. Es kann sich fremdbestimmt anfühlen. Gleichzeitig hat der Unternehmer aber die Hebel in der Hand, Dinge wie Geschäftsmodell oder Strategie so zu verändern, dass das Unternehmen besser zu seinen Bedürfnissen passt. Ich kann selbstbestimmt überlegen, wie ich meinen Kunden einen Nutzen biete und es mir trotzdem Spaß macht.
Definitiv ist der Kundennutzen bei all dem nicht aus dem Blick zu verlieren. Denn einer bestimmten Zielgruppe einen Nutzen zu bieten, ist die einzige Existenzberechtigung, die ein Unternehmen haben kann. Wird keinerlei Nutzen geboten (auch stupide Unterhaltung kein ein Nutzen sein, wenn man ausgelaugt ist oder Langeweile hat), wird kein Kunde kaufen.
Echte Tüftler könnten den Nutzen vor lauter Begeisterung aus dem Blick verlieren. Diese kreativen Köpfe brauchen wir aber, um überhaupt mit innovativen Ideen herauszukommen. Hier kann es sich lohnen, einen Kompagnon mit Unternehmerbrille an seiner Seite zu haben. Manchmal wird der ursprüngliche Ideengeber genau aus dem Grund der mangelnden unternehmerischen Denke aus Startups wieder rausgekickt.
Wachstum
Wir vergleichen das Wachstumspotenzial eines Unternehmers z.B. mit dem Beamtentum.
Als Beamter ist das Wachstum (Finanziell, Beförderung, …) relativ geradlinig und voraussagbar, mit klaren Grenzen nach oben, wie auch nach unten.
Das unternehmerische Wachstum bietet zumindest die Möglichkeit, exponentiell zu verlaufen. Doch gibt es dafür auch keine Garantie. Die Wachstumsmöglichkeit und das große Bild der eigenen Zukunft ist für viele Unternehmer ein wichtiger Motivator, um dranzubleiben und manche Täler auf dem Weg dorthin zu überstehen. Häufig wird ein solches Bild als Vision bezeichnet.
Eine tolle Methodik, um sich einer solchen Vision anzunähern, ist die „Hot Pen“ Technik, die wir im Gespräch näher erläutern: Man schreibt eine halbe Stunde lang über einen Tag in der Zukunft, ohne den Stift abzusetzen und lässt so nach kurzer Zeit das Unterbewusstsein sprechen.
„Wachstum“ geschieht auf vielen Ebenen. Die persönliche Weiterentwicklung, die Unternehmensgröße, die benötigte Fläche oder Mitarbeiterzahl, das finanzielle Wachstum, Kundenzahl und viele mehr. So kann auch das Motiv „Wachstum“ unterschiedlich ausgeprägt sein.
Leidenschaft und die zündende Idee
Besonders gut sichtbar sind Leidenschaften und geniale Ideen bei ganz jungen Startups. Sie sind dort die Basis dafür, dass sich der Unternehmer ins Abenteuer stürzt. Die Begeisterung für eine Idee ist ein ganz zentraler Motivator und birgt gleichzeitig die Gefahr, an dem Bedarf einer Zielgruppe vorbei zu schießen und keine Abnehmer zu finden oder schnell in der Kategorie „Zwangsbeglücker“ zu landen.
Häufig spielt die Schnelligkeit an den Markt zu kommen eine große Rolle, um im Markt zu bestehen. Dafür braucht es dann im Zweifel finanzkräftige Investoren, um ein solch hohes Tempo aufnehmen zu können.
Stellt sich die Frage, wie ich eine geniale Idee erkenne. Hier hilft der Zielgruppen-Dialog, um herauszufinden was der wichtigste Engpass dieser Zielgruppe hat. Idealerweise sollte er keine bessere Lösung für sein Problem finden, als meine Problemlösung. So entsteht der sogenannte „zwingende Nutzen“, das Ergebnis einer guten Unternehmensstrategie.
Leider gehen viele Ideen-Inhaber und Unternehmer nicht in den Zielgruppendialog. Sei es aufgrund der Angst vor Ablehnung oder Angst vor einer frühzeitigen Kopie durch den Wettbewerb.
Der Weg aus der Arbeitslosigkeit
Aus der Arbeitslosigkeit heraus zu kommen, indem man ein Unternehmen gründet, ist sicherlich ein starker Motivator am Anfang. Die Bereitschaft zur Veränderung und ein Risiko einzugehen ist höher, denn in der Arbeitslosigkeit hat man weniger zu verlieren als im bestehenden Job.
„Hilfreich“ kann eine Arbeitlosigkeit dann sein, wenn sie der letzte Kick für den Schritt in die Selbständigkeit ist. Vorausgesetzt, dieser Gedanken schlummert ohnehin schon länger in einem und man brauchte nur noch einen weiteren Schubs.
Schwieriger erscheint uns der Motivator „Arbeitslosigkeit“, wenn eine Gründung ausschließlich aus der Not heraus geschieht. Selbständigkeit als der vermeintlich letzte Strohhalm, um sich der Arbeitslosigkeit zu entziehen. Hier darf wahrscheinlich berechtigt die Frage nach einem erhöhten Risiko aufgrund des langfristig fehlenden inneren Feuers gestellt werden.
Ist das einzige Motiv für den Start einer Selbständigkeit der Weg aus der Arbeitslosigkeit, dann kann man sich fragen, wie lange dieses Motiv anhält, um auch schwierige Phasen als Unternehmer zu überstehen.
Die Unzufriedenheit im Job
Von Langeweile bis zu Problemen mit dem Chef oder Kollegen; die Liste der Gründe für Unzufriedenheit im Job kann lang und vielfältig sein. Denken wir an die bisherigen Unternehmer-Interviews hier in diesem Podcast, so stellen wir fest, dass eigentlich alle Gesprächspartner irgendeinen Punkt der Unzufriedenheit als Mitauslöser für den Start der Selbständigkeit erwähnten.
Beispiele:
- Ein Franchisenehmer von Locatec (Handwerk) erzählte, dass er während seiner Zeit im Bereich der Spedition und Logistik nur den geänderten Tachozähler als Ergebnis seiner Arbeit erkennen konnte. Er hatte nichts Sichtbares geschaffen und wollte deshalb zurück ins Handwerk mit erkennbaren physischen Ergebnissen.
- Der CFO in der Tochter eines riesigen Industriekonzerns fühlte sich zunehmend eingeschränkt durch die Compliance-Regeln seines Unternehmens. Er konnte sich kaum mehr mit Externen zum Kaffeetrinken treffen, weil er Gefahr lief, gegen Compliance-Regeln zu verstoßen. Das wollte er nicht mehr und wurde Franchisenehmer bei Dogstyler.
Natürlich ist es hier ähnlich wie bei der Arbeitslosigkeit: Die Unzufriedenheit allein, dürfte langfristig als Motivator für ein erfolgreiches Unternehmertum häufig nicht genügen. Weitere Motive sind hilfreich, wenn nicht sogar absolut notwendig.
Arbeitsplätze schaffen
Manchmal werden Unternehmen für Andere gegründet. Für Mitarbeiter ist bei dem Schlagwort „Arbeitsplätze schaffen“ der naheliegendste Gedanke. Doch Verena erinnert an die Aussage eines Unternehmers, der sein Business für seine Kinder gegründet hat: Entweder machen sie Geld daraus und es ist eine Form der Absicherung oder sie übernehmen es.
Anderen Menschen bereitet die Arbeit gemeinsam mit Mitarbeitern viel Freude:
- In einem Gespräch mit einem Franchisenehmer von MBE wurde deutlich, dass er gerne führen und sogar ausbilden wollte. Der Unternehmer hat Spaß daran, mit einem Ausbildungsbetrieb junge Menschen auf ihrem Weg in den Beruf zu begleiten.
- Der ehemalige Chef von McDonald’s wechselte die Seiten und wurde später Franchisenehmer von McDonald’s in Österreich mit 10 Standorten. Er erzählte im Interview, dass er seine persönliche Anerkennung sehr stark aus dem Feedback und der Anerkennung seiner Mitarbeiter zieht. Das geht in seinem Fall bis dahin, dass rund 10% seiner Mitarbeiter zinsfreie Kredite oder andere Arten der Förderung von ihm erhalten haben, um sich im Leben weiter zu entwickeln. Für ihn steht das Team im Vordergrund.
Ortsunabhängigkeit
Die Ortsunabhängigkeit als Selbständiger oder Unternehmer ist ein Bedürfnis, das aktuell im Trend liegen dürfte. Viele wollen dort arbeiten, wo sie es gerade schön finden. Einige sogar aus dem Wohnmobil heraus.
Aber, das kann nicht jedes Geschäftskonzept leisten. Als Freelancer mit einem Online-Geschäftsmodell ist das möglich. In vielen anderen Bereichen bedarf es einen zentralen Standort oder die physische Anwesenheit z.B. bei Kundenterminen. Ob Ortsunabhängigkeit als Unternehmer möglich ist, hängt stark davon ab, was man machen möchte.
Andersherum kann die Ortsunabhängigkeit die zentrale Leidenschaft sein. Diese wird als Ziel von dem zukünftigen Unternehmer ins Zentrum gestellt und alles Weitere wird passend dazu drumherum gebaut.
Franchise
Franchise kann dabei helfen, die vordergründigen Motive zu erreichen.
- Der zuvor angesprochene Bernhard Kothgasser von Dogstyler erzählte, dass er sich nie als den kreativen Kopf gesehen hat, um eine eigene Idee aufzuziehen. Aber er wusste, dass er ein guter Unternehmer und Kaufmann ist, der erfolgreiche Konzepte übernehmen und anwenden kann.
Franchise kann genau die Menschen ansprechen, die den Wunsch nach Selbständigkeit haben, aber keine zündende Idee. Oder manche haben gar kein Interesse daran, etwas von Null an aufzuziehen und wollen erprobte Geschäftskonzepte übernehmen. Genau für diese Menschen ist Franchise eine gute Option.
Eine weitere Option ist die Unternehmensnachfolge bzw. der Unternehmenskauf. Auch da wird das Rad nicht neu erfunden.
Der Vorteil im Franchising liegt im Schulterschluss: Wählt man das passende Konzept, übernimmt z.B. der Franchisegeber genau die Arten von Aufgaben, die einem nicht so liegen. Und man ist nicht allein, sondern im Austausch mit anderen Franchisenehmern. In den meisten Franchisesystemen versteht man sich als Familie und unterstützt sich gegenseitig.
Auch Wachstumsmöglichkeiten sind häufig gegeben. Das typische Bild ist der eine Franchisenehmer, der den einen Franchisebetrieb selber schmeißt. Die Möglichkeit gibt es, aber auch weitere. Wie z.B. Multi-Unit-Franchising, wo ein Franchisenehmer mehrere eigene Franchise-Standorte betreibt und entsprechende Teams führt.
- Verena war mit einem Franchisenehmer von Backwerk im Gespräch, der innerhalb eines Jahres von der Eröffnung seines ersten Standorts auf drei Standorte expandieren konnte.
Welche Gründe motivieren Dich, in die Selbständigkeit zu gehen und Unternehmer zu werden?
Shownotes
Episode 018 Locatec : Sichtbare Ergebnisse im Handwerk https://www.unternehmer-gesucht.com/ratgeber/018-vom-unerfuellten-betriebsnachfolger-zum-zufriedenen-franchisenehmer/
Episode 008 Dogstyler: Weg von Compliance Regeln des Konzerns https://www.unternehmer-gesucht.com/ratgeber/008-mit-russisch-roulette-aus-dem-konzern-ins-unternehmertum/
Episode 019 MBE: Spaß am Ausbilden https://www.unternehmer-gesucht.com/ratgeber/019-chef-sein-als-gruender-in-die-rolle-reinwachsen/
Episode 027 McDonald’s Teil 1: Vom McDonald’s-Chef zum erfolgreichsten Franchisenehmer Österreichs https://www.unternehmer-gesucht.com/ratgeber/027-vom-mcdonalds-chef-zum-erfolgreichsten-franchisenehmer-oesterreichs
Episode 028 McDonald’s Teil 2: Der Mitarbeiter als Mensch und grenzenloses Vertrauen ins eigene Team https://www.unternehmer-gesucht.com/ratgeber/028-erfolgsrezepte-des-erfolgreichsten-mcdonalds-franchisenehmer-oesterreichs/
Episode 010 Backwerk: Schnelle Expansion mit mehreren eigenen Franchisestandorten https://www.unternehmer-gesucht.com/ratgeber/010-letztes-jahr-interessent-dieses-jahr-selbststaendig-als-franchise-partner/